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Umwelttipp vom Grünen Gockel 2024-01

Die Jahreslosung aus globaler Perspektive

Jedes Jahr geben sich die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Deutschland eine Jahreslosung. Durch sie soll unser Blick auf eine zentrale Aussage der Bibel gelenkt werden. Ein möglichst kurzer, prägnanter Vers, der in besonderer Weise ermutigen, trösten Hoffnung wecken oder auch aufrütteln und provozieren kann.
Die diesjährige Jahreslosung lautet „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ und steht im 1. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 16, Vers 14.Earth

Wir sind dazu auf einen Text von Thomas Köck gestoßen. Er ist Agrarwissenschaftler sowie Dozent und Studienleiter für Entwicklungs-Studien (Development Studies) an der Akademie des Marburger Bibelseminars. Viele Jahre war Thomas Kröck in der Entwicklungszusammenarbeit in Tansania und in sozialen Projekten in Indien und Nepal tätig. In seinem Text öffnet Köck den Blick auf die globale Perspektive unseres Tuns. Es umfasst unsere bewussten Handlungen aber auch Verhaltensmuster und Gewohnheiten, für die wir uns nicht bewusst entscheiden, die aber nicht ohne (Umwelt)Auswirkungen bleiben, sei es regional oder global.

Er schreibt:
„Wir leben heute in einer globalisierten und vernetzten Welt, in der unser Handeln nicht nur die Mitglieder unserer Gemeinde, unsere Familienangehörigen, unsere Kolleginnen und Kollegen und Nachbarn betrifft. Ob wir es wahrnehmen oder nicht, es hat auch Auswirkungen auf Menschen in anderen Erdteilen und auf die gesamte Schöpfung. Wie in der Gemeinde in Korinth gibt es weltweit eine große Vielfalt an Prägungen und große soziale Unterschiede. Wenn wir unsere gewohnte Umgebung nicht verlassen, nehmen wir kaum wahr, dass der materielle Wohlstand, wie wir ihn in Westeuropa kennen, für die meisten Menschen ein Wunschtraum ist und wir zu den Reichen dieser Erde gehören...

Ich habe viele Jahre mit meiner Familie in Ostafrika gelebt und später im Auftrag der EC-Indienhilfe häufig Indien und Nepal besucht. Durch diese Erfahrungen weiß ich, dass es nicht selbstverständlich ist, sauberes Trinkwasser aus dem Wasserhahn zubekommen, sich täglich satt essen zu können und Zugang zu guter medizinischer Versorgung zu haben. Diese Erfahrungen stär-ken auch das Bewusstsein dafür, dass die Liebe, die Gott in uns wirken will, nicht an der Wohnungstür oder der Landesgrenze enden darf, sondern allen seinen Geschöpfen weltweit gilt. Und dafür, dass unser alltägliches Handeln globale Auswirkungen hat.
Dazu möchte ich ein paar Beispiele nennen: Wir Deutschen konsumieren im Schnitt jährlich 90 kg Fleischerzeugnisse pro Person. Das ist doppelt so viel, wie aus ernährungsphysiologischer Sicht empfohlen wird, und neunmal so viel, wie die Menschen in den ärmsten Ländern essen. Zur Erzeugung dieser Fleischmengen importieren wir große Mengen von Futtermitteln, besonders aus Südamerika, und tragen damit zur Rodung von Urwäldern bei. Die intensive Landwirtschaft führt, ne-ben anderen Faktoren, zu einem dramatischen Artensterben, auch bei uns in Westeuropa. Viele der Nutztiere werden in Massenhaltung unter problematische Bedingungen gehalten. Die dabei entstehenden großen Mengen an Stallmist und Gülle führen zur Anreicherung von gesundheitsschädlichem Nitrat im Trinkwasser.

Im Jahr verursachen wir in Deutschland pro Kopf ca. 38 kg Plastikmüll, von dem nur ein geringer Teil recycelt wird. Mehr als ein Drittel des weltweit hergestellten Plastiks wird für Verpackungsmaterial verwendet, das meistens nur einmal genutzt wird. Ein großer Teil dieses Plastikmülls gelang in die Meere und als Mikroplastik in die Nahrungsketten von Tieren und Menschen. Für unseren konsumorientierten Lebensstil und unsere Mobilität verbrauchen wir große Mengen an fossilen Energieträgern und tragen damit wesentlich zum Klimawandel bei. Das wirtschaftliche Wachstum in den Industrieländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hat schwerwiegende Folgen für alle Menschen und die gesamte Schöpfung. Besonders die wenig entwickelten Länder im globalen Sü-den sind von Dürren, extremen Stürmen, Mangel an Süßwasser und dem Anstieg des Meeresspiegels bedroht. Einige dieser Folgen unseres Handelns habe ich mit eigenen Augen gesehen oder aus erster Hand erfahren: Entwaldung, Dürrezeiten, Verschmutzung von Siedlungen, Feldern und Gewässern mit Plastikmüll. Und das bedroht besonders die Menschen, die am verletzlichsten sind, sowie Pflanzen und Tiere.

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe, ermahnt Paulus. „Alles" umfasst unser bewusstes Handeln, aber auch das, was wir unbewusst oder aus Gedankenlosigkeit tun. „Liebe ist gütig. Sie spielt sich nicht auf. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil" heißt es im Hohelied der Liebe (1. Korinther 13,4-5). Liebe lässt uns über unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse hinaussehen und auch die Bedürfnis-se unserer Mitmenschen und Mitgeschöpfe weltweit in den Blick nehmen. Und Liebe gibt uns Kraft unser Verhalten zu ändern. Wir können mit kleinen Schritten beginnen, aber wir sollten nicht dabei stehen bleiben.“

Aus dieser Perspektive betrachtet, ist die diesjährige Jahreslosung unser erster und vielleicht wichtigster Umwelttipp in 2024.Logo GG rechts

Ihr Grüner-Gockel-Team

Quelle: Morgner, Christoph [Hrsg.] (2023): Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe – Das Lesebuch zur Jahreslosung 2024. Brunnen-Verlag GmbH, Gießen; ISBN 978-3-7655-3631-1; Seite 68 – 71.

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