Die Ev. Kirche in Friedrichstal ist täglich (9-17 Uhr), außerhalb von Veranstaltung offen zum Gebet.
Die Vor-Passionszeit dient nur als Puffer für die Zeit zwischen dem dem letzten Sonntag nach Epiphanias und dem Sonntag Invokavit, mit dem immer 42 Tage vor Ostern die Passionszeit beginnt. In Jahren mit sehr frühem Ostertermin entfallen Sonntage der Vor-Passion und im Extremfall entfällt die Vor-Passion gänzlich. Genauso ist es im Apostolischen Glaubensbekenntnis. Dort kommt diese Zwischenzeit auch nicht vor: Nach Weihnachten kommt gleich die Passion („… geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus …). Mir ist die Vor-Passion wichtig, um mich auf den Menschen Jesus zu fokussieren und wahrzunehmen, wie er gehandelt und was er gelehrt hat. Kennzeichnend für Jesus war seine Zugewandtheit. Er hat die Menschen gesucht, war mit ihnen unterwegs, hat sie in seine Nachfolge berufen. Er hat Meschen geheilt, befreit, ihnen Nahrung gegeben, mit ihnen gefeiert. Hat ihnen viel erzählt und erklärt. Wie niemand zuvor hat er die Menschen gewürdigt, auch oder gerade die am Rand der Gesellschaft stehenden...
„Am Schaftor in Jerusalem gibt es einen Teich. Dort lebte eine Menge Kranker, Blinder, Lahmer, Dürrer. Einer von ihnen lag seit achtunddreißig Jahre dort. Als Jesus hörte, dass er schon so lange unter seiner Krankheit litt, fragte er ihn: „Willst du gesund werden?“ Der Kranke antwortete: „Ich habe keinen, der mir hilft.“ „Steh auf!“, sagte Jesus zu ihm. „Nimm dein Bett und geh!“ Da wurde der Mann gesund, nahm sein Bett und ging.“ (Susanne Niemeyer/Matthias Lemme nach Johannes 5, 1-8).
Wie geht es uns, wenn wir gewürdigt werden? Ich fühle mich dann immer, als würde ich ein Stückchen hochgehoben, fast so als flöge ich. Es fühlt sich gut an, gesund, es gibt Kraft. Ich bin gebürtiger Friedrichtaler. Die Friedrichstaler ergehen sich typischerweise nicht in Lobhudelei. Und wenn sie loben, hört sich das bisweilen merkwürdig schroff an. Als Kind wurde ich von meinen Eltern gerne als Knecht betitelt: „Recht so, Knecht!“, „Komm, hilf mir, Knecht!“ - so in diesem Stil. Wurde ich etwa sklavisch erzogen? Nein, so war das nicht gemeint. Knecht war eine Wertschätzung, eine Würdigung. Und so habe ich es auch empfunden. Fast wie ein Ritterschlag für Reife und Persönlichkeit. In der Bibel gibt es nur drei Männer, die den Ehrentitel „Knecht Gottes“ tragen: Abraham, Mose und Hiob.
Menschen zu würdigen, war ein Kennzeichen Jesu. Würdigend im „Nach-oben-ziehen“, als ein Wecken, ein Befähigen zum Aufzustehen und sich auf den Weg zu machen. Diesem Gedanken folgt der Altarschmuck mit den rosa Flamingoblumen, die wie Schmetterlinge davonfliegen.
Zum Schluss: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Grundgesetz, Artikel 1). Jeder Mensch ist wertvoll, weil er ein Mensch ist. Immer. Alles hat einen Wert, der Mensch aber hat eine Würde.
Um für Demokratie und Menschenwürde einzutreten, dafür gehen aktuelle Menschen auf die Straße.
Michael Schönthal